Es regnet seit Mittag. Ununterbrochen. Auf dem Weg zur Premiere Stau, Parkplatz weit weg und der Gehsteig voller Pfützen. Regenschirm und Stiefel statt High Heels und Kleines Schwarzes. Super.

Gerade noch pünktlich im Deutschen Theater angekommen. Ja, dort wo vor kurzem ein Wasserschaden die Bühnentechnik außer Gefecht gesetzt hat. Die Termine von „Ewig jung“ werden deshalb in den Silbersaal verlegt. Das Stück beginnt - und schon nach den ersten Minuten geht die Sonne geht auf!

Rock‘n Roll im Altersheim, dargeboten von einem Star-Ensemble, das einen weltmeisterlichen Abend präsentiert: Sechs Schauspieler voller Musikalität, alle hergeschminkt auf mindestens 95 Jahre (dickes Lob an die Maskenbildner!), dazu die wunderbare Angelika Milster als „Schwester Angelika“ (ohne Runzeln, dafür mit echtem Gipsbein wg. Fuß-OP) stellen hochbetagte Schauspieler dar, die zwei Stunden lang musikalisch und komödiantisch alle Register ziehen.

Das Grüppchen hat keinen Bock auf Sitztanz und anderen Senioren-Schnickschnack. Wenn die Pflegerin weg ist, geht auf der Bühne der Punk ab: „I love Rock‘n Roll“ röhrt „Frau Mehrling“ und „Herr Warns“ beherrscht beim Bee Gees-Kracher „Staying alive“ sogar den Falsett-Gesang, dazu „Forever Young“ und „I will survive“, alles großartig am Piano begleitet von „Herrn Ermer“.

Was Maske und Kostüm ausmachen: Da spielt Dieter Landuris den leichtfüßigen „Georges“ im Musical „La Cage aux Folles“ am Salzburger Landestheater (wieder ab Oktober!) und in München schlurft er als rechthaberischer Alter am Stock zum Ohrensessel. Katharine Mehrling, sonst ein zartes „Funny Girl“ oder eine Judy Garland, sieht im schwarzen Samtkleid mit den wohl tiefsten Falten im Gesicht wie frisch der Geisterbahn entsprungen aus.

Auch Anika Mauer als alte Bühnendiva, die sich am liebsten in ihrer großen Vergangenheit verkriecht, spielt mit großem Mut zur Häßlichkeit (krumme Beine in rutschenden Stützstrümpfen, Rockbund bis unter die Achseln gezogen). Guntbert Warns hat noch die größte Ähnlichkeit mit dem Gesicht, das man aus vielen TV-Rollen kennt.

Und Timo Dierkes  (aktuell in der Heldt-Krimireihe zu sehen) bekommt Mega-Applaus für sein unglaublich gesungenes Flower-Power-Medley  im Schnelldurchlauf mit Songs von Bob Dylan, Simon & Garfunkel, John Lennon. Neben den Songs gibt es auch köstliche Dialoge wie: „Herr Warns, es muss richtig heißen: MEIN Königreich für ein Pferd!“ Antwort von Guntbert Warns: „Mensch, ich bin schon froh, wenn ich mich an das TIER erinnere!“.

Ob das Stück überhaupt im großen Haus so gut wie im intimen Silbersaal funktioniert hätte? Hier konnte man jedes Muskelzucken, jedes Funkeln in den Augen bis in die letze der (nur 13) Reihen verfolgen. „Das nostalgische Ambiente des Silbersaals passt bestens zur Atmosphäre des Stücks“, urteilt Dieter Landuris. So hat der Wasserschaden wenigstens etwas Gutes.

Die Herren und Damen haben sichtlich Spaß, sich als Wilde Sieben auf der Bühne auszutoben. Seit fünf Jahren wird „Ewig jung“ immer mal wieder aufgeführt. „Wir spielen nur, wenn alle Zeit haben“, erzählt Katherine Mehrling. Aber wenn es dann wieder einmal Spieltermine gibt, sind die Zuschauer begeistert.

Unter dem Titel „Thalia Vista Social Club“ feierte das Stück 2001 am Hamburger Thalia Theater seine Uraufführung und sorgte für mehr als 150 ausverkaufte Vorstellungen.

Für die Inszenierung am Renaissance-Theater Berlin, die nun auch in München zu sehen ist, hat Autor Erik Gedeon persönlich die Regie übernommen. Ein Tipp der Autorin: Überspringen Sie das 6-Minuten-Video, das sich auf der Deutschen Theater-Homepage findet. Dort werden viele Gags schon verraten. „Ewig jung“ muss man live erleben.

Probleme mit dem Gebiss, Gehhilfe, Gedächtnislücken, Zitterhände und Sabber am Mundwinkel - alles, was zum Alter halt einfach dazugehört. Das ist auf den ersten Blick komisch - doch genau betrachtet kommt das ja alles irgendwann auf einen selbst zu. Wie weiß schon Schwester Angelika zu berichten: „Das Leben ist schön in jung, älter werden ist es nicht.“

Doch mit welchem Elan die alten Herrschaften sich ihr Leben einrichten, wie sie sich gegen die strenge Schwester verbrüdern und nach dem Motto „Alle für Einen“ da sind, macht Hoffnung. Dieses Altersheim macht Spaß. Da will ich später auch mal hin. Bis 13. Juli aber gleich nochmal zu den grauen Bühnen-Panthern in den Silbersaal.

Es jubelten bei der Premiere: Patrick Linder (lachte laut in Reihe 1) mit Peter Schäfer, Alice und Ellen Kessler (waren beeindruckt, wie konsequent alle Schauspieler in ihren Rollen über 2 Stunden blieben), Yvonne Kálmán, die schon in wenigen Tagen zur Premiere der „Zirkusprinzessin“ wieder nach München kommen wird, Hitmacher Harold Faltermeyer mit Birgit Wolff, Schauspieler John Friedmann mit Freundin Tini.

PS: Dank WM-freundlicher Anfangszeiten war man rechtzeitig zum Start der „rauschenden Ballnacht“ von Müller  & Co. zuhause vor dem TV. Und da strahlte die brasilianische Sonne bis ins verregnete München.

Fotogalerie "Ewig jung" im Silbersaal des Deutschen Theater, Teil 1, 2, 3, (©Fotos: Ingrid Grossmann)

Gaby Hildenbrandt

„Ewig Jung“

Ein Songdrama von Erik Gedeon

Mit:

• Herr Dierkes     Timo Dierkes
• Herr Ermer        Harry Ermer
• Herr Landuris   Dieter Landuris
• Frau Mauer        Anika Mauer
• Frau Merling      Katharine Mehrling
• Frau Milster       Angelika Milster
• Herr Warns       Guntbert Warns

nur 8. bis 13. Juli 2014

Di - Sa: 19.00 Uhr, So: 18.00 Uhr

Vorstellungsdauer:  2 h (keine Pause) 

Tickets*: So - Do: € 34,00, Fr + Sa: € 39,00

*Preise ggf. inkl. Mwst und zzgl. Servicegebühren. Karten über München Ticket.

Silbersaalbestuhlung:

Informationen zum Vorverkauf: Ticket-Buchung und Versand auch per Kreditkarte über den telefonischen Kartenservice: 089 / 55 23 44 44, Montag bis Freitag, 9:00 bis 20:00 Uhr, Samstag 9:00 bis 16:00 Uhr, Sonntag 10:00 bis 16:00 Uhr sowie an der Tageskasse im Deutschen Theater, Schwanthalerstraße 13 (Montag bis Samstag, 10:00 bis 19:00 Uhr), über München Ticket, CTS.

Nach bisheriger Einschätzung kann wegen des Wasserschadens bis Ende Juli 2014 keine Vorstellung im Haupttheater stattfinden. Aus diesem Grund müssen leider auch die Premieren der Produktionen

"Dylan" am 15. Juli sowie
"Alice"am 22. Juli

abgesagt werden. Bereits hierfür gekaufte Karten können an der Tageskasse zurückgegeben werden und werden voll erstattet.

Infos und Ticketbuchung auch unter www.deutsches-theater.de

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Wiedereröffnung des Deutschen Theaters am 17. Januar 2014 mit einer musikalisch von den Münchner Philharmonikern gestalteten Gala (mehr)

Karten über München-Ticket, an den bekannten Vorverkaufsstellen, bei allen Reisebüros mit START-KART-Anschluss und bei allen CTS-Vorverkaufsstellen.

Infos und Ticketbuchung auch unter www.deutsches-theater.de